(ip/RVR) Über die Besitzverschaffung im Rahmen der Anordnung der Zwangsverwaltung hatte der Bundesgerichtshof kürzlich zu entscheiden.

Zwangsverwaltungsobjekt war ein Mehrfamilienhaus.. Die Wohnungen der Hochparterre und im Obergeschoss waren vermietet, die im Untergeschoss wurden vom Schuldner und seiner Frau genutzt. Der Zwangsverwalter beauftragte am 08.02.2010 den Gerichtsvollzieher mit der Besitzverschaffung und Herausgabe der "Mietverträge, Betriebskostenabrechnungen, Kautionszahlungen und Gebührenbescheide für Strom, Wasser und Gas". Infolge Nichtantreffens des Schuldners, stellte der Gerichtsvollzieher den Vollstreckungsversuch ein und stellte anheim, eine richterliche Durchsuchungsanordnung herbeizuführen. Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Zwangsverwalters wies das Amtsgericht zurück. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt er weiterhin sein Verlangen.

Der BGH gab der zulässigen und begründeten Rechtsbeschwerde statt.

So führt der Bundesgerichtshof aus, "Zweck der Zwangsverwaltung ist es, die laufenden, aus der ordnungsgemäßen Benutzung des von der Beschlagnahme erfassten Grundstücks stammenden Erträge zur Befriedigung des Gläubigers einzusetzen, während dem Schuldner die Substanz des Verwaltungsobjekts ungeschmälert erhalten bleibt. Hierfür wird dem Schuldner mit der Beschlagnahme die Verwaltung und Benutzung der Immobilie entzogen. Damit der Zwangsverwalter in dieser Position treten, sowie die resultierenden Pflichten erfüllen kann, muss er nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs den unmittelbaren – oder, bei vermieteten oder verpachteten Objekten den mittelbaren – Besitz des Grundstücks erlangen. Hierzu hat ihm das Vollstreckungsgericht nach § 150 Abs. 2 ZVG durch einen Gerichtsvollzieher oder durch einen sonstigen Beamten das Grundstück zu übergeben oder ihm die Ermächtigung zu erteilen, sich selbst den Besitz daran zu verschaffen." Im vorliegenden Fall wurde mit Anordnungsbeschluss des Amtsgerichts dem Zwangsverwalter die Ermächtigung zur Besitzverschaffung verlautbart, soweit sich das Beschlagnahmeobjekt im Besitz des Schuldners befand. Der Besitz ist auf den Zwangsverwalter zu übertragen, durch Herausgabe der Räume. Bei Zuwiderhandlung des Schuldners gegen diese Verpflichtung, setzt der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz und weist den Zwangsverwalter in diesen ein. Wie der Senat bereits früher entschied, ist der Zwangsverwaltungsanordnungsbeschluss mit der Ermächtigung zur Besitzverschaffung der hierfür erforderliche Vollstreckungstitel.

In den Gründen führt der BGH weiter aus, dass vorbehaltlich des § 758 a Abs. 4 ZPO, hierfür keine besondere richterliche Anordnung erforderlich ist, selbst für die zwangsweise Öffnung und das Betreten der Räume. Der BGH stellt klar, dass dies auch der Fall ist, wenn es Schuldnerwohnräume sind. Dem Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG der Unverletzlichkeit der Wohnung in Verbindung mit der Durchsuchung der Wohnung infolge richterlichen Anordnung, Art. 13 Abs. 2 GG, steht vorliegend nicht entgegen. Eine Durchsuchung liegt nicht vor. Es soll weder ziel- und zweckgerichtet nach Personen oder Sachen gesucht oder zur Ermittlung eines nicht bereits offenkundigen Sachverhalts dienen. Vielmehr soll "dem Zwangsverwalter der unmittelbare Besitz durch Herausgabe der Räume verschafft werden." Infolge § 758a Abs. 2 ZPO bedarf es keiner richterlichen Anordnung.

Den weiteren Ausführung ist zu entnehmen, dass für die Herausgabevollstreckungsauftrag, § 883 ZPO, betreffend der beim Schuldner vorhandener Unterlagen Vollstreckungstitel ebenso der Anordnungsbeschluss ist. Der Senat entschied bereits, dass sich die nach § 150 Abs. 2 ZVG Pflicht zur Herausgabe "nicht nur auf die von der Beschlagnahme erfassten, sondern auch auf die sonst für die Tätigkeit des Zwangsverwalters notwendigen Gegenstände, zu denen die ein Miet- oder Pachtverhältnis betreffenden Urkunden gehören" erstrecken.

Für eine ordnungsgemäße Verwaltung der Immobile ist es notwendig, dass dem Zwangsverwalter ermöglicht wird, anstelle des Schuldners von den Mietern die zu leistenden Betriebskosten einzufordern, sowie eventuelle Überschüsse zurückzuleisten. Dies kann nur erfolgen, wenn bei diesem die Berechnungsgrundlagen vorhanden sind. Nach der zwangsweisen Wohnungsöffnung kann der Gerichtsvollzieher die Vollstreckungshandlung vornehmen, § 883 Abs. 1, 2 ZPO.

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

BGH V ZB 280/10 vom 24.02.2011

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