(ip/RVR) Nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt ist eine Ersatzzustellung nach § 180 Satz 1 ZPO auch durch Einlegung des Schriftstücks in einen Gemeinschaftsbriefkasten mehrerer Mietparteien möglich, wenn dieser eine eindeutige Zuordnung zum Adressaten ermöglicht, der Adressat typischerweise auf diesem Wege seine Post erhält und der Kreis der Mitbenutzer überschaubar ist.

Der Angeklagte wandte sich mit der Berufung gegen ein Urteil des AG Rüsselsheim. Die Ladung zur Berufungshauptverhandlung wurde ihm im Wege der Ersatzzustellung nach § 180 Satz 1 ZPO zugestellt. Die Berufung wurde jedoch verworfen, da der Angeklagte in der Verhandlung nicht erschien. Das dahinlautende Urteil wurde ihm in gleicher Weise zugestellt. Er beantragte daraufhin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsverhandlung mit der Begründung, die Ladung nicht erhalten zu haben. Er verfüge „nicht über einen Briefkasten für sich“, es gebe vielmehr „ ein Briefkasten für sechs Parteien“, die Ladung sei „irgendwie abhanden gekommen, weil er sie nicht erhalten habe“.

Das Berufungsgericht verwarf diesen Antrag. Dagegen wandte sich der Angeklagte mit der Beschwerde zum OLG Frankfurt. Diese bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts.

Zwar sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn ein Ladungsmangel vorliegt, dieser kausal für das Nichterscheinen ist und fristgerecht ein Wiedereinsetzungs-antrag mit den nach §§ 44, 45 Abs. 2 StPO erforderlichen Tatsachenangaben gestellt ist. „Der Antragsteller hat hierzu einen Sachverhalt vorzutragen und glaubhaft zu machen, dem sich das Fehlen einer ordnungsgemäßen Ladung ebenso wie deren Ursächlichkeit für sein Ausbleiben in der Hauptverhandlung ohne Weiteres entnehmen lässt“ (Rz. 4 der Entscheidung).

Daran fehle es hier. Nach der Postzustellungsurkunde sei von einer ordnungsgemäßen Ladung auszugehen. Als öffentliche Urkunde liefere diese den vollen Beweis dafür, dass die Ladung in einen zur Wohnung des Angeklagten gehörenden Briefkasten eingeworfen wurde. Hiergegen sei nur der volle Beweis der Unrichtigkeit der Urkunde zulässig (vgl. § 418 Abs. 2 ZPO). Mit der schlichten Erklärung des Angeklagten fehle es jedoch bereits an einer Glaubhaftmachung.

Entgegen einer in Literatur und Rechtsprechung zum Teil vertretenen Auffassung könne auch ein Gemeinschaftsbriefkasten den Anforderungen des § 180 Satz 1 ZPO genügen. Der Wortlaut der Norm verlange nicht die alleinige Nutzung des Adressaten oder alleinige Zugehörigkeit zur Wohnung des Adressaten. Der Briefkasten müsse durch entsprechende Beschriftung die eindeutige Zuordnung zum Adressaten ermöglichen. Weiter müsse der Adressat seine Post typischerweise über diesen Gemeinschaftsbriefkasten erhalten. Schließlich müsse der Kreis der Mitbenutzer überschaubar sein.

An all diesen Voraussetzungen sei nach dem oben zitierten Vortrag des Angeklagten nicht zu zweifeln.

OLG Frankfurt 3. Strafsenat vom 14.01.2010, Az. 3 Ws 21/10


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