(IP/RVR) „Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens nach Verhaftung des Eigentümers durch Gerichtsvollzieher kann Grundrecht des Eigentümers aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzen“

Es kann ein Grundrechtsverstoß vorliegen, wenn ein Zwangsversteigerungsverfahren fortgesetzt wird, obwohl dem Versteigerungsgericht bekannt ist, dass der Eigentümer kurz nach Eröffnung der Bietzeit von einem Gerichtsvollzieher verhaftet wurde. Das Gericht hat in solchen Fällen zwingend eine Ermessensentscheidung zu treffen und zu prüfen, ob der Termin fortzusetzen, zu unterbrechen oder zu vertagen war. Ansonsten kann es zur Aufhebung des Zugschlages und zur Zurückverweisung zum zuständigen Versteigerungsgericht kommen.

Der Zwangsversteigerungsschuldner wurde kurz nach Eröffnung der Bietzeit vom Gerichtsvollzieher zwecks Abnahme der Eidesstattlichen Versicherung verhaftet. Der Schuldner war im Termin weder anwaltlich noch anderweitig vertreten. Er hatte nach eigenem Vorbringen zufolge aufgrund der Vorgehensweise des Gerichtsvollziehers keine Möglichkeit, den die Zwangsversteigerung leitenden Rechtspfleger davon zu unterrichten, dass er entgegen seinem Willen nicht mehr am Verfahren teilnehmen konnte.

Mit der Verfassungsbeschwerde macht der Schuldner geltend, durch die angegriffenen Gerichtsbeschlüsse sei dieser in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1, auch in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 GG verletzt. Sie stellten eine unverhältnismäßige Beschränkung grundrechtlicher Freiheit dar. Der Schuldner hätte im Versteigerungstermin Anträge stellen und hierdurch auf den Verlauf des Versteigerungsverfahrens Einfluss nehmen können. Gegebenenfalls hätte er auch selbst die Möglichkeit gehabt, mitzubieten und als Meistbietender den Zuschlag zu erlangen, so dass der Eigentumsverlust sich möglicherweise hätte vermeiden lassen. Dieses Recht sei ihm genommen worden.

Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassungsbeschwerde stattgeben und die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichtes aufgehoben! Die Sache wurde an das zuständige Amtsgericht zurückverwiesen.

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

BVerfG vom 08.03.2012 -2 BvR 2537/11-

 

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