Darunter waren faule Kredite, bei denen die Schuldner mit ihren Raten in Verzug oder gar komplett zahlungsunfähig waren. Darunter waren aber auch „nicht-strategische“ Darlehen, die den Banken also schlicht nicht mehr ins Konzept passten – obwohl Zins und Tilgung stets pünktlich bezahlt worden waren.

Rechtsanwälte, Verbraucherschützer und auch die Bundesregierung haben erhebliche Zweifel, ob mit dem Verkauf nicht-notleidender Darlehen nicht gegen Datenschutz und Bankgeheimnis verstoßen wurde. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Barbara Hendricks, beobachtet die Vorgänge „sehr genau und kritisch“, will aber zunächst die Ergebnisse der zahlreichen Zivilprozesse abwarten. Damit liefen Kreditnehmer Gefahr, kritisiert die FDP-Bundestagsfraktion, in ein rechtliches Vakuum zu fallen.

Einer dieser betroffenen Kreditnehmer ist der Geschäftsmann Helmut Beerbaum aus Langen. Sein in den 90er Jahren eröffnetes „Hightech-Center Langener Stern“ hatte er mit einem Darlehen der HVB-Tochter Nürnberger Hypothekenbank finanziert. Der Kredit (19 Millionen Euro) landete nach deren Abspaltung bei der Hypo Real Estate, die ihn Ende 2004 als Teil eines Milliarden-Pakets an den texanischen Finanzinvestor Lone Star verkaufte. Der ist in Deutschland der wichtigste Akteur auf diesem Markt. Da die Texaner keine Bank sind, sondern ein Abwickler, hatten sie – wie in einer Vielzahl vergleichbarer Fälle – kein Interesse, die Geschäftsbeziehung fortzuführen.

Beerbaums Kredit landete nach einer Reise um die halbe Welt bei der Lone-Star-Schwesterfirma fürs Grobe, Hudson Advisors aus Frankfurt. Als die Zinsbindung auslief, forderte der neue Kreditbesitzer statt vier plötzlich 9,3 Prozent Zins. Und als sich Beerbaum weigerte, zog die Frankfurter Niederlassung der Immobilienfirma aus Dallas sofort die Daumenschrauben an und ließ im Mai vergangenen Jahres seine Konten pfänden. Mittlerweile droht die Zwangsversteigerung, zur Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung („Offenbarungseid“) wird der Noch-Eigentümer des Langener Bürogebäudes per Haftbefehl gesucht.

„Man treibt uns in die Insolvenz. Wir haben 50 Jahre geschuftet, nun verlieren wir auf halb-kriminelle Art und Weise unser Lebenswerk und unsere Wohnung“, sagt der 70-Jährige. Nun ist Beerbaum kein kleiner, wehrloser Häuslebauer, doch muss der Geschäftsmann resigniert feststellen: „So lange es kein höchstrichterliches Urteil gibt, können mein Anwalt und ich immer nur einen Aufschub erreichen.“ Und bis zu einem rechtskräftigen Gerichtsurteil werde es Jahre dauern: „In der Zeit sind wir tot!“

„Hier werden die Vermögenswerte der Schuldner möglichst geräuschlos, schnell und ohne Rücksicht auf dahinter stehende menschliche Existenzen verwertet beziehungsweise vernichtet“, kritisiert auch der Rechtsanwalt Ulrich Ernst Büttner aus Hamburg. Das Mindeste sei, fordert Franz Herrmann, der Chef des Bundes der Sparer (BDS, München), dass der Schuldner rechtzeitig von einem beabsichtigen Forderungsverkauf informiert werden müsse, um sich eine neue Bank suchen zu können.

Lone-Star-Deutschlandchef Karsten von Köller, früher Chef des Marktführers Eurohypo, plauderte zwar jüngst in Frankfurt locker mit HVB-Vorstandssprecher Wolfgang Sprißler; doch zu dem zwischen den beiden Unternehmen eingefädelten Geschäft oder seinen Geschäften allgemein möchte von Köller lieber nicht Stellung nehmen. Ingolf Schubbert, dessen Eigenheim im sächsischen Löbau schon 2005 versteigert und zwangsgeräumt wurde, hat im Internet eine Seite von und für Betroffene eingerichtet.

Quelle: Thomas Baumgartner, Frankfurter Neue Presse