(ip/RVR) Der Verzicht auf einen vertraglich vereinbarten und durch Vormerkung gesicherten Anspruch auf Rückübertragung eines Grundstücks scheitert für den Insolvenzschuldner auch dann an §§ 80, 81 InsO, wenn die vorausgegangene Grundstücksübertragung mit Rücksicht auf familiäre Verbundenheit stattgefunden hat. So der Leitsatz einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 11.03.2010.

Der spätere Gemeinschuldner übertrug seiner Ehefrau unentgeltlich ein Grundstück. In der notariellen Urkunde behielt er sich jedoch das Recht vor, beim Eintritt bestimmter dort gelisteter Bedingungen das Grundstück ohne jegliche Gegenleistung zurückzufordern. Dieser Anspruch wurde durch eine im Grundbuch eingetragene Vormerkung in Form einer Eigentumsvormerkung gesichert.

Als Jahre später über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, verzichtete der Gemeinschuldner gegenüber der Ehefrau auf sein Rückübertragungsrecht. Der diesen Vorgang beurkundende Notar stellte sodann einen Löschungsantrag an das Grundbuchamt sowohl hinsichtlich der Eigentumsvormerkung als auch des Insolvenzvermerks. Der eingesetzte Insolvenzverwalter stimmte den Grundbuchänderungen nicht zu, woraufhin das Grundbuchamt die Löschungen nicht vornahm. Neben dem Schuldner ging auch dessen Ehefrau hiergegen gerichtlich vor. Die Beschwerde der Ehefrau wurde vom zuständigen Landgericht Ende 2009 zurückgewiesen. Die statthafte und auch sonst zulässige weitere Beschwerde wies das OLG München nunmehr aus folgenden Gründen ab:

Zunächst sei der Anspruch der Disposition des Schuldners entzogen. soweit er in die Masse falle. Die Masse erfasse das gesamte pfändbare Vermögen des Schuldners, §§ 35, 36 InsO. Auch aufschiebend bedingte Rechte und selbstständige Gestaltungsrechte seien grundsätzlich erfasst, mithin auch der hier in Streit stehende Rückübertragungsanspruch.

Für dessen Unpfändbarkeit spreche allenfalls eine Analogie zu § 852 Abs. 2 ZPO. Das Gericht bejahte die ähnliche Interessenlage: Sowohl der Zugewinnausgleichsanspruch eines Ehegatten als auch der Rückübertragungsanspruch bezüglich eines an den Ehegatten übertragenen Grundstücks entsprängen einer besonderen familiären Situation, welche es dem Gläubiger verbieten müsse, in die auf Billigkeitsgründen beruhende Entscheidungsfreiheit der Ehegatten hinsichtlich ihrer Vermögensauseinandersetzung einzugreifen. § 852 Abs. 2 ZPO verweist auf dessen Abs. 1 und sichert die Entscheidungsfreiheit des Ehegatten dadurch, dass die Pfändbarkeit des Zugewinnausgleichanspruchs von der vertraglichen Anerkennung oder Rechthängigmachung abhängt.

Nun bejaht das OLG München zwar die Möglichkeit der angesprochenen Analogie, kommt im Ergebnis aber gleichviel zu einer Pfändbarkeit des Rückübertragungsanspruchs und des dazugehörigen Gestaltungsrechts. § 852 Abs. 1 ZPO sei einschränkend derart auszulegen, dass der Pflichtteilsanspruch zumindest aufschiebend bedingt gepfändet werden könne, gleichzeitig sei dem Pflichtteilsberechtigten aber die Entscheidung zu belassen, die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO herbeizuführen und somit letztlich über die Verwertbarkeit zu entscheiden. Im Falle einer Analogie zum Rückübertragungsanspruch will das Gericht genauso verfahren: Die Pfändung sei wirksam, mag es sich auch um eine eingeschränkte Pfändung handeln. Folglich falle Gestaltungsrecht und Rückübertragungs-anspruch in die Insolvenzmasse mit der dazugehörigen Verhaftungswirkung nach §§ 80, 81 InsO. Der Schuldner könne nicht mehr auf diese Rechte wirksam verzichten. Die analogiebegründende Entscheidungsfreiheit sei in diesem Fall dadurch gesichert, dass das Recht gegen den Willen des Schuldners nicht geltend gemacht werden könne. „Die Möglichkeit, weiterhin zu entscheiden, ob ein Recht ausgeübt werden soll, setzt nicht voraus, dass über das Recht auch endgültig verfügt werden kann“ (Rz. 20 der Entscheidung).

OLG München vom 11.03.2010, Az. 34 Wx 10/10


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