(ip/pp) Um das Problem eines trotz Verfahrensunterbrechung durch Insolvenz gefällten Urteils ging es aktuell vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die Klägerin begehrte von den Beklagten mit einer Teilklage aus abgetretenem Recht die Rückzahlung eines gekündigten Bankdarlehens. Sie hatte von ihrem Streithelfer, einem Insolvenzverwalter, angebliche Darlehensforderungen in Höhe von 16,5 Millionen Euro gegen die frühere Beklagte, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gegen die ein inzwischen rechtskräftiges Versäumnisurteil über einen Teilbetrag von 4 Millionen Euro nebst Zinsen ergangen war. In dieser Höhe nahm die Klägerin nunmehr noch die Beklagten als Gesellschafter in Anspruch. Diese bestritt die vorgetragene Darlehensschuld, da die Klägerin einen unzutreffenden Anfangssaldo zugrunde gelegt und Zuflüsse aus der Verwertung von Immobilien nicht berücksichtigt habe. Zudem seien die Ansprüche verjährt.

Das Berufungsgericht hatte das landgerichtliche Urteil nach mündlicher Verhandlung am 12. Juni durch Urteil vom selben Tag aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Das Amtsgericht Wiesbaden hatte mit Beschluss vom 11. Juni, der am 21. Juni des Jahres zu den Verfahrensakten gelangt ist, über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet.

Darauf argumentierte der BGH in letzter Instanz, das das Berufungsurteil, soweit es den Rechtsstreit mit dem Beklagten betrifft, keinen Bestand habe. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten am 11. Juni 2007 durfte weder eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden, noch ein Berufungsurteil ergehen. Das Verfahren war durch diesen Beschluss vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12. Juni ebenso wie vor der Verkündung des Berufungsurteils am selben Tag nach § 240 ZPO unterbrochen. Ein trotz Unterbrechung des Verfahrens ergangenes Urteil sei allerdings nicht nichtig, sondern mit den statthaften Rechtsmitteln angreifbar.

Da der Beklagte seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr ordnungsgemäß vertreten war, beruhte das Berufungsurteil auf einem Verfahrensfehler, der den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 4ZPO begründete. Dieser Revisionsgrund betreffe den Mangel in der Vertretung der insolventen Partei. Er bestehe deswegen unabhängig davon, ob dem entscheidenden Gericht die den Verfahrensfehler auslösende Tatsache, hier die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, bekannt war.
Der BGH fasste folglich im Leitsatz zusammen:

“Ergeht ein Urteil auf eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Prozesspartei durchgeführte Verhandlung hin, so ist es im Rechtsmittelverfahren aufzuheben, da diese Partei nicht mehr ordnungsgemäß vertreten war, ohne dass es darauf ankommt, ob dem Gericht bei Erlass des Urteils die Insolvenzeröffnung bekannt war.”

BGH, Az.: XI ZR 519/07