(ip/pp) Hinsichtlich der Auslegung einer unklaren Bezeichnung im Vollstreckungstitel hatte der Bundesgerichtshof aktuell zu entscheiden. Der Schuldner betrieb als Einzelkaufmann eine ins Handelsregister eingetragen Firma „Rohrpost-Technik, Fernmelde- und Uhrenanlagen B. H.“. Im Geschäftsverkehr verwendet er unter anderem die Kurzbezeichnung „H. Rohrpost“. Die in den Niederlanden ansässige Gläubigerin und Vertragspartnerin bemühte sich wegen zweier Ansprüche über knapp 450.000,- Euro und gut 500.000,- Euro gegen den Schuldner. Sie hatte über diese Beträge ein Versäumnisurteil eines niederländischen Gerichts erlangt. Darin war in der Klageschrift entsprechend auf der Beklagtenseite nicht der Schuldner als natürliche Person genannt, sondern eine "Gesellschaft mit beschränkter Haftung H. Rohrpost GmbH, mit Sitz in B. (Deutschland)". Dieses Versäumnisurteil hat das Amtsgericht an den Schuldner zugestellt; die niederländischen Zustellungsersuchen hatten die „H. Rohrpost“ als Zustellungsadressaten bezeichnet.

Auf Antrag der Gläubigerin hatte das niederländische Gericht das Versäumnisurteil als Europäischen Vollstreckungstitel bestätigt. Die Schuldnerbezeichnung in der Bestätigung lautet „H. Rohrpost GmbH“.

Unter Bezugnahme auf das Urteil samt Bestätigung hatte die Gläubigerin beim Vollstreckungsgericht gegen den Schuldner unter der Bezeichnung „Rohrpost-Technik, Fernmelde- und Uhrenanlagen B. H., Herrn Dipl.-Ing. M. H., S.-Straße, B.“, den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses für verschiedene Konten des Schuldners beantragt. Das Amtsgericht hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Schuldnerbezeichnung stimme nicht mit der im Schuldtitel überein. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin blieb erfolglos. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgte die Gläubigerin ihren Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses weiter.

Dem widersprach der BGH: „Die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des niederländischen Gerichts kann nicht gegen den Schuldner durchgeführt werden, da das Urteil als beklagte, zur Zahlung verurteilte Partei nicht den Schuldner, sondern eine GmbH und damit ein anderes Rechtssubjekt bezeichnet.“

„Nach § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn die Person, gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil namentlich bezeichnet ist. Damit wird für das Vollstreckungsorgan die Prüfung, dass Gläubiger und Schuldner als Parteien des Zwangsvollstreckungsverfahrens mit den Personen identisch sind, für und gegen die der durch den Titel vollstreckbar gestellte Anspruch durchzusetzen ist, zuverlässig ermöglicht. Es geht dabei nicht nur darum, die Inanspruchnahme Unbeteiligter auszuschließen, sondern gegenüber dem Vollstreckungsschuldner zweifelsfrei klarzustellen, dass sich die Vollstreckung gegen ihn richtet.“

„Allerdings kann das Prozessgericht, das als zuständiges Vollstreckungsorgan über eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme aus einem Titel entscheidet, den es selbst erlassen hat, sein Wissen aus dem Erkenntnisverfahren bei der Auslegung des Titels mit heranziehen und damit auch Umstände berücksichtigen, die außerhalb des Titels liegen … . Eine Übertragung dieses Grundsatzes auf die Fälle, in denen das Vollstreckungsorgan einen nicht von ihm selbst erlassenen Titel vollstreckt, kommt nicht in Betracht. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde folgt aus § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht, dass für beide Fallgestaltungen derselbe Auslegungsmaßstab gelten müsste.“

Der Leitsatz fasst zusammen: „1. Das Vollstreckungsorgan hat eine unklare Bezeichnung im Vollstreckungstitel nach allgemeinen Grundsätzen auszulegen. Dabei darf es außerhalb des Titels liegende Umstände grundsätzlich nicht berücksichtigen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZB 45/02, BGHZ 156, 335).

2. Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Zwangsvollstreckung aus einem ausländischen Titel betrieben wird, der nach Art. 5 ff. EuVTVO als europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist.“

BGH, Az.: VII ZB 42/08