(ip/RVR) Nach § 9a EGZVG können Ansprüche nach dem Vermögensgesetz im Zwangsversteigerungsverfahren nur angemeldet werden, wenn ihr Gegenstand die Restitution von selbständigem Gebäudeeigentum ist. Sind sie dagegen auf die Restitution des zu versteigernden Grundstücks gerichtet, können sie nicht angemeldet werden und erlöschen mit dem Zuschlag, so hat der BGH mit Beschluss vom 18.03.2010 entschieden (Anschluss an BVerwGE 130, 134).

Wenngleich die Vorschrift in der Vergangenheit überwiegend auch in diesem Sinn verstanden worden war, so steht dieses weite Verständnis von § 9a Abs. 1 Satz 3 EGZVG indes im Widerspruch zur Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Norm und vor allem zu der Konzeption des Gesetzesgebers. Die Norm ist mit Rücksicht hierauf einschränkend auszulegen und nur auf Restitutionsansprüche auf selbständiges Gebäudeeigentum anzuwenden, so der BGH.

§ 9a EGZVG ist keine allgemeine Überleitungsvorschrift für Zwangsversteigerungsverfahren im Beitrittsgebiet, die inhaltlich nicht zusammenhängende Übergangsregelungen in einer Vorschrift zusammenfasst. Mit der Regelung in § 9a EGZVG wollte der Gesetzgeber vielmehr, wie sich aus der Vorbemerkung zu ihrer Einzelerläuterung ergibt, die Störung der Grundstücksversteigerung durch das sog. vagabundierende Gebäudeeigentum beheben. Sein Ziel war es aber nicht, den Schutz des Berechtigten über den konkreten Regelungsanlass hinaus in einem ganz wesentlichen Punkt zu verändern.

Bei Inkrafttreten der Vorschrift am 25. Dezember 1993 konnte die Zwangsversteigerung eines bebauten Grundstücks praktisch nicht durchgeführt werden. Es war nämlich nicht zu klären, ob das auf dem zu versteigernden Grundstück stehende Gebäude als Bestandteil des Grundstücks von der Beschlagnahme im Zwangsversteigerungsverfahren erfasst war und mitversteigert werden konnte. An dem Gebäude konnte rechtlich selbständiges Gebäudeeigentum bestehen. Dieses musste nicht mit einem Nutzungsrecht am Grundstück verbunden sein. Ein etwa vorhandenes Nutzungsrecht musste nicht im Grundbuch des zu versteigernden Grundstücks eingetragen sein. Dieser Zustand behinderte die Wertberechnung und machte die Abgabe eines Gebots zum Risiko. Der Ersteher konnte nicht sicher sein, ob er das Gebäude miterwarb oder im Gegenteil damit rechnen musste, dessen Nutzer auf unbestimmte Zeit dulden und ihm das Grundstück, auf Grund von Ansprüchen nach dem damals noch im Entstehen begriffenen Sachenrechtsbereinigungsgesetz, sogar wieder verkaufen zu müssen.

Die Lösung sah der Gesetzgeber gem. BGH darin, nach einer Übergangszeit auch das selbständige Gebäudeeigentum mit dem Zuschlag erlöschen zu lassen, wenn es nicht wie ein die Veräußerung hinderndes Recht angemeldet war (§ 9a Abs. 2 EGZVG). Es mussten aber Ankaufsansprüche nach dem sich abzeichnenden Sachenrechtsbereinigungsgesetz einbezogen werden; ansonsten hätte der Ersteher im Ergebnis doch mit einer nachträglichen Entwertung des ersteigerten Grundbesitzes rechnen müssen. Deshalb sollten auch sie ohne Anmeldung erlöschen, bei erfolgter Anmeldung aber bestehen bleiben (§ 9a Abs. 1 Satz 2 EGZVG).

Bei den Restitutionsansprüchen auf Gebäudeeigentum ergab sich ein Sonderproblem. Sie würden zwar auch ohne die in § 9a Abs. 1 Satz 3 EGZVG vorgesehene Regelung erlöschen, weil sie nach dem in § 3b Abs. 4 Satz 1 VermG zum Ausdruck kommenden Grundkonzept des Vermögensgesetzes ebenso wie Restitutionsansprüche auf Grundstücke nicht zuschlagsfest sind.

Hier wäre das Erlöschen aber nicht die Folge einer Versteigerung des Gebäudeeigentums selbst, sondern die Folge der Versteigerung eines anderen Objekts, über die zudem nicht entsprechend § 3b Abs. 2 VermG zu unterrichten wäre. Das ließ es geraten sein, Restitutionsansprüche auf Gebäudeeigentum ausnahmsweise genauso zu behandeln wie die mit Gebäudeeigentum oder sonstigen Bebauungen verbundene Bereinigungsansprüche, so der BGH weiter.

Die Pflicht zur Unterrichtung des Berechtigten nach § 3b Abs. 2 VermG hatte nach der Entwurfsbegründung gerade nicht den Zweck, dem Berechtigten die Anmeldung seiner Rechte zu ermöglichen und den Verlust des Grundstücks zu verhindern. Der Gesetzgeber ging im Gegenteil davon aus, dass die Restitution nach Eröffnung des Zwangsversteigerungsverfahrens nicht mehr Platz greift und dem Anmelder nur die Chance geboten werden sollte mitzubieten.

Entsprechendes gilt für den dritten Teil der Vorschrift, den Anspruch auf Erlösauskehr nach § 3b Abs. 4 Satz 1 VermG., nämlich dass der Berechtigte im Zwangsversteigerungsverfahren seine Rechte nur durch Mitbieten wahren kann.

Das Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG wirkt, so der BGH weiter, nur schuldrechtlich. Gebotswidrige Verfügungen über das Grundstück bleiben in ihrem Bestand unberührt und lassen sich nur verhindern, soweit sie nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GVO einer Grundstücksverkehrsgenehmigung bedürfen. Funktionell tritt damit an die Stelle der entfallenen früheren Genehmigungsbedürftigkeit des Zuschlags in der Zwangsversteigerung die Pflicht zur Einstellung der Teilungsversteigerung nach Maßgabe von § 3b Abs. 3 VermG. Diese Regelung wäre von vornherein überflüssig gewesen, wenn alle Restitutionsansprüche nach § 9a Abs. 1 Satz 2 EGZVG bestandserhaltend angemeldet werden könnten. Denn dann wären alle Berechtigten schon durch diese, zudem nur etwa zwei Jahre zuvor eingeführte, Regelung ausreichend geschützt. Hinzu kommt, dass die Pflicht zur Einstellung nach § 3b Abs. 3 VermG nicht bei jeder Teilungsversteigerung bestehen soll, sondern nur dann, wenn diese von einem Verfügungsberechtigten betrieben wird. Ausgenommen werden sollten und sind nach dem Text der Vorschrift Teilungsversteigerungen, die von einem Gläubiger betrieben werden (Beschlussempfehlung, aaO). Diese bewusste Beschränkung der Regelung würde unterlaufen, wenn neben § 3b Abs. 3 VermG auch § 9a Abs. 1 Satz 3 EGZVG generell anwendbar wäre. Es ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb der Berechtigte in der Teilungsversteigerung zwischen einer bestandserhaltenden Anmeldung und einem Einstellungsantrag soll wählen können. Nicht erklärbar wäre schließlich, weshalb der Schutz des Berechtigten in der Zwangsversteigerung unterschiedlich ausgestaltet werden sollte, je nachdem, ob es sich um eine Teilungsversteigerung auf Antrag des Verfügungsberechtigten, um die Teilungsversteigerung auf Antrag eines Gläubigers oder um eine Vollstreckungsversteigerung handelt.

Das zeigt nach Auffassung des BGH, dass die Anwendung des § 9a Abs. 1 Satz 3 EGZVG auf alle Restitutionsansprüche nicht den Vorstellungen und dem Konzept des Gesetzgebers entspricht, sondern auf eine Korrektur der als unzureichend empfundenen Entscheidung des Gesetzgebers hinausliefe.

Die Anwendung des § 9a Abs. 1 Satz 3 EGZVG auf den Anspruch auf Restitution eines Grundstücks stünde schließlich auch in einem nicht sachgerecht auflösbaren Widerspruch zu den Regelungen über die Belastung eines restitutionsbehafteten Grundstücks mit Grundpfandrechten.

Die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche löst, wie bereits ausgeführt, nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG keine Verfügungssperre aus, sondern "nur" die Verpflichtung des Verfügungsberechtigten, sich einer Verfügung über das Grundstück außerhalb des durch § 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 5 VermG gesteckten Rahmens zu enthalten. Das bedeutet aber nicht, dass der Verfügungsberechtigte keinerlei Verfügungen über das Grundstück vornehmen dürfte. Er darf das Grundstück im Gegenteil zur Finanzierung von Maßnahmen auf dem Grundstück belasten, die ihm erlaubt und nicht als gewöhnliche Erhaltungsmaßnahmen aus dem Grundstück zu finanzieren sind.

Überschreitet der Verfügungsberechtigte die ihm mit diesem Unterlassungsgebot gesetzten Grenzen einer Belastung des Grundstücks, löst das einen Schadensersatzanspruch aus. Die gebotswidrige Belastung bleibt aber zivilrechtlich wirksam, denn der Kreditgeber kann nicht erkennen, ob eine Belastung gegen das Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3 VermG verstößt. Hinge davon der Bestand der zu seiner Sicherheit bestellten Grundpfandrechte ab, wären diese letztlich wertlos, weil der Kreditgeber nicht beurteilen könnte, welche Sicherheit sie ihm vermitteln.

Das sollte nach dem Willen des Gesetzgebers auf jeden Fall vermieden werden. Sicherheit für den ausgereichten Kredit vermittelt ein Grundpfandrecht aber nicht schon dann, wenn sein Bestand von einem Verstoß des Sicherungsgebers gegen das Unterlassungsgebot unberührt bleibt. Das Grundpfandrecht muss in der Vollstreckungsversteigerung auch durchsetzbar sein. Das wäre es aber nicht, könnte der Berechtigte im Vollstreckungsversteigerungsverfahren seinen Restitutionsanspruch mit der Folge anmelden, dass er nicht erlischt und (im Verfahren nach dem Vermögensgesetz) gegen den Ersteher durchgesetzt werden kann. Jeder Ersteher müsste dann damit rechnen, dass er das ersteigerte Grundstück an den Berechtigten verliert und damit im Ergebnis die auf das Gebot geleistete Zahlung verloren ist. Das Grundstück wäre damit nicht versteigerbar. Um diese Folge zu vermeiden, hat der Gesetzgeber den Einstellungsanspruch des Berechtigten nach § 3b Abs. 3 VermG auf die Anordnung der Teilungsversteigerung auf Antrag des Verfügungsberechtigten beschränkt.

Dieses Regelungskonzept des Gesetzgebers führte nach Auffassung des BGH ohne die Regelung in § 9a Abs. 1 Satz 3 EGZVG nur in dem Fall zu einem sachwidrigen Ergebnis, der Anlass für die Regelung gab, nämlich wenn Gegenstand der Restitution rechtlich selbständiges Gebäudeeigentum, Gegenstand der Zwangversteigerung aber das Grundstück ist, auf dem das Gebäude steht. In dieser Konstellation ist der Schuldner typischerweise nicht auch Eigentümer des Gebäudes, sondern nur Eigentümer des Grundstücks. Die Versteigerung würde aber nach § 9a Abs. 1 Satz 1 EGZVG ohne die Möglichkeit einer bestandserhaltenden Anmeldung dazu führen, dass das Gebäudeeigentum stets mitversteigert wird und sich der Gläubiger des Grundstückseigentümers auch aus einer seinem Schuldner nicht gehörenden Sache, nämlich dem selbständigen Gebäudeeigentum, befriedigen kann. Ein schützenswertes Interesse daran hat der Gläubiger des Grundstückseigentümers nicht. Diese nicht gerechtfertigte Rechtsfolge wird mit der Möglichkeit einer bestandserhaltenden Anmeldung des Restitutionsanspruchs auf Gebäudeeigentum gemäß § 9a Abs. 1 Satz 3 EGZVG verhindert.

Der komplette Urteilstext kann hier abgerufen werden:

BGH vom 18. 3. 2010, Az. V ZB 117/ 09

 

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